Während der Aktionswoche waren wir, einige Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10 EF und Q1, in Krakau, um das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau zu besichtigen.
Eine
Bild-Collage zu unseren Eindrücken findet Ihr hier zum Download.
(Die Datei sollte mit dem Media-Player oder dem kostenlosen VLC-Player abspielbar sein. Der Download dauert ein paar Minuten.)
Seit Beginn des Schuljahres 2013/2014 bereiteten wir uns innerhalb der AG auf die bevorstehende Fahrt nach Auschwitz vor. Dies geschah stofflich-informativ sowie emotional. Wir setzten uns also ausführlich mit dem Thema des Dritten Reiches auseinander und entwickelten bei der Vorbereitung auch Erwartungen an die Exkursion. Zu diesem Zeitpunkt konnte sich jedoch noch keiner vorstellen, was dort genau auf uns zu kam. Auch diejenigen aus unserer Gruppe, die bereits ein Konzentrationslager besichtigt hatten, wurden später noch von den Bildern erschreckt, die wir zu sehen bekommen sollten.
Als wir uns dann mit einem fundierten Wissen auf dem Weg nach Krakau machten, um zwei Tage später ein Vernichtungslager zu besichtigen, konnte es noch niemand realisieren, was uns erwartete. Jegliche Vorstellungen, Ängste und Erwartungen wurden übertroffen. Die Trauer, das Mitgefühl, das Entsetzen sowie die einfache Angst, dort mit furchtbaren Dingen konfrontiert zu werden, sollten übertroffen werden.
Die Stimmung innerhalb der Gruppe, als wir am Montag nachmittags in Krakau ankamen, war sehr entspannt. Es wurden Ideen für den nächsten Tag entwickelt : Wie das Konzentrationslager wohl aufgebaut ist, wo sich überhaupt Birkenau befindet, wie der Workshop aufgebaut ist und vieles Weiteres.
Nachdem der Montag ein ruhiges Ende genommen hatte, fuhren wir am Dienstag dann auch schon los in Richtung Auschwitz und nach der Besichtigung des zentralen KZ weiter nach Birkenau.
Als wir aus dem Bus ausstiegen, entstand die erste Anspannung innerhalb der Gruppe. Die Führung durch das Stammlager Auschwitz dauerte circa eine Stunde. Wir sahen Galgen, Bilder von verhungerten oder sonst wie zu Tode gekommenen Menschen – davon nicht nur einige, es waren Massen. Nicht nur eine riesige Anzahl von Bildern, es wurden große Mengen von Gegenständen ausgestellt, die diese unvorstellbar grausame Zeit auf einmal bis in die Gegenwart trugen. Massen von Prothesen, Haaren, Kinderspielzeug, Koffern, Schuhen, Rasierpinseln und Dosen des zum Töten verwendeten Zyklon B, wobei eine Dose, für den Tod von mehreren tausend Menschen ausreichte. Wir gingen durch Kellerflure, die zu Gefängniszellen und Stehzellen führten.
Wir standen auf dem Platz, an dem vor 70 Jahren Menschen mehrere Stunden stehen mussten, um von den Nationalsozialisten gedemütigt, verletzt oder getötet zu werden.
Zum Schluss dieser Führung durch das Stammlager gingen wir noch durch das letzte, erhaltene Krematorium. In diesem Moment hieß es : Zähne zusammenbeißen.
Erschreckend war der Raum, in dem die Verbrennungsöfen standen. Schienen im Boden wurden dazu genutzt, um „Tische“ schieben zu können, auf denen die Leichen gelegt wurden und dann bequemer bis hin zu den Öfen transportiert werden konnten.
Bizarr war, dass wir aus dem Krematorium kamen und die Sonne schien. Es war meteorologisch gesehen ein schöner Tag, der überhaupt nicht zu unserer Stimmung passte.
Nach der Führung durch das Stammlager fuhren wir nach Birkenau. Niemand sprach während der Fahrt. Es wurde nicht gelacht und jeder schien nur noch zu funktionieren. Als wir dann nach einer kurzen Zeit ankamen, liefen wir über Schienen durch das Tor hinein in das ehemalige Lager. Man sah bis zum Horizont ausschließlich eine weite Fläche. An den Seiten Stacheldrahtzäune, „Wachtürme“, Baracken, Umrandungen, welche die ehemaligen Standorte der Baracken anzeigen sollten, die von den Nationalsozialisten kurz vor der Befreiung des KZ zerstört worden sind. Wir liefen entlang der Rampe, an den Schienen vorbei, bis hin zu den Trümmern der Krematorien, die ebenfalls, wie einige Baracken, vor der Befreiung Birkenaus zerstört worden sind, damit niemals jemand erfahren sollte, was dort viele Jahre lang praktiziert worden war.
Außerdem wurde uns eine Baracke von innen gezeigt. Wir bekamen ein Bild davon, wie viele Menschen unter unmenschlichen Bedingungen hausen mussten. Wir sahen „Sanitärbaracken“, wie sie die Frau nannte, die uns durch das Lager führte. Es war furchtbar zu sehen, wie dieses doch sehr abstrakte Thema „Holocaust“ auf einmal immer wirklicher wurde.
Doch noch wirklicher sollte uns diese Zeit werden, als wir auf dem darauf folgenden Tage ein Treffen mit Frau Maksymowicz, einer Zeitzeugin, hatten, die als Kind für drei Jahre in Auschwitz gefangen war. Sie erzählte uns von unmenschlichen Versuchen, die Mengele an ihr vornahm, wie sie stundenlang auf einer Steinmauer in der ihr zugewiesenen Baracke saß, umgeben von Leichen. Wie ihre Mutter ihr Leben aufs Spiel setzte, nur um ihr ein kleines Stück Brot zuzustecken. Sie erzählte uns von dem schrecklichen Alltag, den sie durchleben musste, zeigte uns ihre eintätowierte Nummer, die sie bis heute auf dem linken Unterarm trägt, aber auch, wie sich ihr Leben nach den schreckliche Jahren in Gefangenschaft änderte.
Nach diesem Gespräch verließen wir fassungslos und voller Trauer das Museum, in dem das Gespräch stattgefunden hatte. Niemand konnte sich so recht darüber im Klaren werden, was gerade in ihm geschah. Als wir in unserem Hotel ankamen, fanden wir uns kurz darauf auch alle zusammen, um über das Erlebte zu sprechen, doch so richtig fand zu diesem Zeitpunkt noch niemand die passenden Worte, um das ausdrücken zu können, was wir erfahren hatten. Gefühle auszudrücken war ebenso schwer.
Geprägt von diesen Erlebnissen fuhren wir am Donnerstag wieder zurück, nach Hause.
Die Zeit danach redeten wir noch einige Male über das Gesehene und Erlebte. Wir erarbeiteten in Kleingruppen, ein von uns ausgewähltes Projekt, dessen Produkte ab dem 27.01.2014 bis zum 06.02.2014 in dem Hauptgebäude der Stadtsparkasse ausgestellt wird.
Wir erhoffen uns davon, das weitergeben zu können, was wir von der Zeitzeugin erfuhren, unsere Gefühle, wie auch Informationen zu dem Konzentrationslager selbst.
Die Ausstellung präsentiert:
- Dokumente zum Aufbau und zur Geschichte des Lagers;
- Bilder zu den dort begangenen Verbrechen;
- einen Erlebnisbericht;
- Informationen zur Zeitzeugin und einem weiteren Opfer.
Das Filmmaterial beinhaltet ein Videotagebuch, Impressionen der Besichtigungen (diese stehen oben zum Download bereit), und informiert in einem Interview sowie einer kommentierten Führung über die Beziehungen zwischen Wermelskirchen und Auschwitz während der NS-Zeit.
Nina Holberg